• Slitherine: Panzer Corps REVIEW

    Nachdem der Veröffentlichungstermin zweimal verschoben wurde, hat nun der niederländische Strategiespieleentwickler "The Lordz Games Studio" sein von vielen lang erwartetes, neues Werk: Panzer Corps veröffentlicht. "The Lordz Games Studio" ist kein unbeschriebenes Blatt im Wargamingbereich, so dass man hier zurecht hoffen konnte, dass die Durststrecke ein Ende haben wird.

    Unter anderem zeichneten sie verantwortlich für die "Commander"- Serie und für die recht erfolgreichen "Battlefield Academy"- Spiele in jüngster Zeit. Gleich vorneweg ist festzuhalten, dass Ähnlichkeiten zu SSI´s legendärer Reihe Panzer General nicht nur zufällig, sondern vielmehr erwünscht sind.

    Das Vorbild Panzer General sollte jedem Wargamer hinlänglich bekannt sein, weshalb sich hier eine nähere Beschreibung erübrigt. Erstaunlich ist jedoch, dass nun immerhin mehr als zehn Jahre seit Erscheinen des letzten Titels der Panzer General Reihe ("Panzer General III: Scorched Earth") vergangen sind, bis sich jemand ernsthaft bemüht hat an das Flair und die Spielbarkeit des Originals heranzukommen. Zwar gab es ein oder zwei Versuche kleinerer Softwareschmieden, diese kamen aber über einen Achtungserfolg nicht hinaus.

    Die Publisher Slitherine und Matrixgames haben in den letzten Wochen recht hübsch die Werbetrommel für Panzer Corps gerührt. Genau genommen lautet der Titel nun "Panzer Corps - Wehrmacht", was erahnen lässt, dass mit einer Serie des Spiels zu rechnen ist. Es ist übrigens sehr interessant anzusehen dass zum Beispiel die Gamestar das Spiel sehr hoch bewertete und einen Gold Award vergab. Noch bis vor kurzem hätten manche "renommierte" deutsche Spielemagazine ein Spiel wie Panzer Corps nicht mit der Kneifzange angefasst, geschweige denn eine hohe Wertung vergeben.

    Das Spiel ist bei den oben genannten Publishern Slitherine und Matrixgames als Download oder optional als Boxversion mit gedruckten Handbuch zu haben. Der Download umfasst 428 MB und ging zügig vonstatten. Die Boxversion kostet nur 8,- Euro Aufpreis wobei hier der digitale Download auch mit enthalten ist. Dies ist praktisch und ermöglicht es dem Käufer sofort zu spielen und erspart einem die Wartezeit bis der Postman klingelt. Eine weitere gute Nachricht ist, dass Matrixgames seine Spiele innerhalb Europas von Deutschland aus versendet. Dort befindet sich seit rund einem halben Jahr das Hauptvertriebszentrum von Matrixgames. Daraus ergeben sich sehr günstige Frachtkosten und (in der Regel) eine prompte Lieferung.



    Nach dem Hauptmenü kommt man zur Kampagnenauswahl. Vier davon stehen zu Auswahl, welche entweder den gesamten Zweiten Weltkrieg, beginnend mit dem Polenfeldzug, umfassen oder räumlich und zeitlich begrenzt sind. So kann man nur den Russlandfeldzug (1941 - 1945) spielen, sich dem alliierten Vormarsch in Italien entgegen stellen (1943 - 1945) oder man kämpft die letzten grossen Verteidigungsschlachten des Krieges, beginnend mit Operation Zitadelle (1943 - 1945).

    Weiterhin hat man auch die Möglichkeit nur einzelne Szenarien zu spielen oder die Panzerschule zu besuchen. Letzteres ist ganz einfach ein Trainingstutorial, in dem durch fünf Übungsmanöver dem Spieler die Steuerung, Waffengattungen und die Spielprinzipien von Panzer Corps vermittelt werden. Es empfielt sich also mit der Panzerschule zu beginnen. Zwar werden sich Veteranen der Panzer General Serie sofort in Panzer Corps heimisch fühlen und im Grunde auch ohne Tutorial auskommen, jedoch gibt es durchaus einige Abweichungen zum Vorbild (ich sage mal absichtlicherweise nicht Original). Später dazu aber mehr.



    Für diejenigen Spieler, die nie das Vergnügen hatten Panzer General zu spielen, hier einmal eine kurze Erklärung des Spielprinzips. In Panzer Corps führt man eine kleine Armee durch den Krieg und je nach abschneiden varriiert das nächste Szenario. Hat man eine Schlacht besonders erfolgreich geschlagen, erhält man mehr Prestigepunkte und mit etwas Glück hin und wieder eine kostenlose Zusatzeinheit. Die Kampagnen sind nicht immer strikt linear. Braucht man etwas länger für eine Schlacht, muss man unter Umständen eine Zusatzschlacht führen oder man muss einen Abstecher auf einen anderen Kriegsschauplatz nehmen und verpasst so eventuell ein anderes historisches Gefecht. Dies war auch eine der Stärken von Panzer General und beschäftige die Spieler lange Zeit. Und wenn es nur darum ging alle möglichen Konstellationen und Kampagnenpfade auszuprobieren.

    Prestigepunkte, welche man in der Regel durch die Einnahme von Städten oder strategisch wichtigen Punkten erhält, werden benötigt um neue Einheiten zu kaufen sowie die eigenen Einheiten aufzufrischen. Hier möchte ich gleich auf einige Abweichungen zu PG verweisen. Nach einer Schlacht werden die eigenen Einheiten nicht wieder automatisch aufgefüllt. Wer die Vorgängerschlacht nur auf dem Zahnfleisch kriechend meisterte, tut sich in der nächsten Begegnung umso schwerer. Dies macht die Sache in der Tat noch interessanter.

    Man kann zwei Arten von Ersatz zuweisen: Regulären Ersatz, welcher wenig Prestige kostet (zu Anfang einer Begegnung scheinbar sogar gar keinen) oder Eliteersatz welcher folgerichtig mehr Prestige benötigt. Und dies ist der Knackpunkt. Regulärer Ersatz kostet der Einheit wiederrum Erfahrung, wohingehend nur Eliteersatz den Erfahrungslevel beibehält. Eine tolle Neuerung wie ich finde. Soll man eine angeschlagene Veteraneneinheit erst einmal von weiteren Kämpfen fernhalten, weil Prestigepunkte für vollwertigen Ersatz fehlen oder billigere frische Rekruten zuführen und einsatzfähig bleiben, dafür aber den Erfahrungsverlust in Kauf nehmen?

    Ich entschied mich erst einmal für die klassische Kampagne, beginnend mit dem Einmarsch in Polen. Was mir schonmal gefiel war, dass man auch in Panzer Corps die Möglichkeit hat seine Kerntruppen umzubenennen. Dies trägt zumindest für mich viel zur Spielatmosphäre bei und ermöglicht es mir zudem sofort zu erkennen, ob es sich bei einer angewählten Einheit um eine meiner eigenen Truppen handelt. Denn neben der eigenen Kerntruppe stehen dem Spieler immer wieder einige Unterstützungstruppen zur Verfügung, welche bei Szenariostart schon auf der Map positioniert sind.



    Der Umfang der eigenen Kerntruppe ist begrenzt, soll heissen, man hat nur eine bestimmte Menge an Slots zur Verfügung. Von Schlacht zu Schlacht steigen aber die besetzbaren Slots und man baut so seine Armee immer weiter aus. Vorausgesetzt natürlich man spielt gut genug und polstert sein Prestigekonto auf, anstatt alles im Kampf für Feldersatz aufbrauchen zu müssen. Nach einer Schlacht hat man aber nicht nur die Möglichkeit seine Einheiten aufzufrischen, man kann diese auch "upgraden". Einfache Schützeninfanterie kann, sofern das historische Datum erreicht ist, zu Panzergrenadiere umgerüstet werden. Ein Regiment mit 105mm Haubitzen wird mit 150mm Kalibern ausgestattet. Panzer IV mit der kurzen Stummelkanonen erhalten die lange 75mm KwK. So werden im Lauf der Jahre aus Panzer Ib Königstiger. Herrlich.

    Sobald neue Ausrüstung verfügbar wird, erhält man darüber eine Nachricht. Diese Information erhält man vor der Ausrüstungs-/Aufstellungsphase. Also bleibt genug Zeit um in Ruhe zu überlegen, ob etwas neues von Nutzen sein wird. Überaschenderweise fehlt mir bei Panzer Corps aber die Option um eine Kerneinheit aufzulösen (um u.a. wieder einen Slot frei zu bekommen). Dies ging bei Panzer General und war das eine oder andere mal notwendig. Falls es diese Möglichkeit gibt, ich diese aber nur nicht gefunden habe, möge man mir das bitte mitteilen (Nachtrag: Taste "D" - Handbuch lesen ist doch manchmal hilfreich).



    Die Zusammensetzung seiner Armee ist für den Erfolg der Kampagne entscheidend. Alleine mit Panzern wird man den Krieg nicht gewinnen. Ein guter Mix aus Kampf- und Unterstützungstruppen, Luftwaffe, Artillerie und Flugabwehr ist notwendig, um hier erfolgreich zu sein. Es mag Einheiten geben, die auf dem ersten Blick unwirtschaftlich sind, aber der Schein trügt oft. Sturmpioniere z.B. ignorieren den Verschanzungswert der Verteidiger und eine in einer Stadt eingegrabene feindliche Infanterieeinheit ohne Hilfe dieser vergleichsweise teuren Pioniertruppen auszuheben ist schwierig.

    Strategische Bomber machen wenig Schaden, reduzieren aber den Nachschub des Gegners und generieren Unterdrückungsfeuer nach dem Bombardement. Auch ein Panzerjäger I (Gattung Panzerabwehr) mag nicht viel hermachen, aber auch dieser sammelt Erfahrung und später wäre diese erfahrene Einheit dann mit StuGs ausgestattet eine Bereicherung der Truppe.

    Die Einheiten gewinnen in Panzer Corps nicht nur an Erfahrung, sie können auch für besondere Leistungen ausgezeichnet werden und bringen gelegentlich, nach besonderem Heldentum, auch individuelle Truppenführer hervor. Diese erhöhen bestimmte Eigenschaften der Einheit und sind auch in der Einheitenhistorie einzusehen.



    Im Norwegenfeldzug waren mir meine beiden Gebirgsjägereinheiten liebste Kinder. Ohne diese wäre ein rascher Sieg unmöglich gewesen. Übrigens muss man die eigene Truppe recht abstrakt betrachten. Man kann schlecht sagen, dass eine eigene Einheit ein Bataillon, Regiment oder eine Division darstellt. Die Szenarien sind recht unterschiedlich in der Grösse. In Russland muss man schonmal einen ganzen Heeresgruppenabschnitt decken. Panzer Corps erhebt nicht den Anspruch eine historisch genaue Simulation zu sein. Diesen Anspruch hatte auch Panzer General nicht.

    Die Spielrunden sind länger als in Panzer General, was jeder einzelnen Schlacht mehr Tiefe verleiht. Will man jedoch einen entscheidenden Sieg einfahren, muss man sich aber auch gut ranhalten. Eine Sache, die dies schwieriger macht, ist der fehlende "Overrun". Zumindest bei Panzer General konnten Panzereinheiten bei schwächeren Gegner einen Overrun erzielen und weiterfahren. Dies geht bei Panzer Corps leider nicht mehr.



    Was ich auch etwas schade finde ist, dass es keine Pferdegespanne mehr gibt. Die Wehrmacht war zum grössten Teil auf Pferde angewiesen. Bei Panzer Corps ist alles voll motorisiert. Ansonsten ist die Einheitenauswahl schön umfangreich und lässt kaum Wünsche offen. Kleine historisch Schnitzer sind verzeihbar (was sucht hier das StuG IV bei der Artillerie?).





    Fazit: Ein tolles Strategiespiel mit Suchtfaktor und hohem Wiederspielwert.

    Grafik & Animation 8/10
    Die Grafik ist ansprechend. Die Einheiten sind alle recht schnuckelig modelliert und auch die Karten sehen gut aus. Es stehen aber nur zwei Zoomstufen zur Verfügung. Ziel der Entwickler war es nicht ein fotorealistisches Werk abzuliefern, sondern das typische Panzer General Feeling wiederzubeleben. Dies ist gelungen. Eine Abwertung gibt es dennoch. Die Blickrichtungen der Einheiten wurden nur nach links oder rechts modelliert. Etwas Schade. Hier hätten man ruhig die Grafiker noch ein paar Extrastunden schieben lassen können.

    Steuerung & Interface 9/10
    Selbst ohne Panzer General gespielt zu haben dürfte kein Spieler hier Probleme haben. Das Interface ist intuitiv und einfach gehalten. Vieles ist selbst erklärend und zudem stehen Tooltipps zur Verfügung. Ein paar Buttons hätten ruhig etwas grösser ausfallen dürfen. Mag aber auch an meinem fortgeschrittenen Alter liegen und das ich auf einem Laptop getestet hatte.

    Atmosphäre 9/10
    Textbriefings und Sprachausgabe wie bei Panzer General. Die Hintergrundmusik ist annehmbar, aber auch nichts besonderes. Ansonsten muss ich eingestehen dass ich recht schnell von Panzer Corps gefesselt war. Die Stunden vergingen wie im Fluge und schwupps ging auch schon wieder die Sonne auf. Aber was solls. Nur noch eine Schlacht.

    Spielumfang 9/10
    Insgesamt 26 Szenarien in vier Kampagnen und ein Editor. Es dürfte auch nicht allzulange dauern, bis die Spielgemeinde hier für Nachschub sorgt.

    Gesamtwertung: 88%


    Teaser Trailer:


    Gameplay Trailer:
    Kommentare 10 Kommentare
    1. Avatar von Fj44
      Fj44 -
      jaaaaaaaaaaaaaaa "kult" ala PZG I
    1. Avatar von Pulk.
      Pulk. -
      Sieht nicht schlecht aus. Eine zeitgemässe Neuauflage von Steel Panthers wäre mir aber fast lieber
    1. Avatar von Vasquez
      Vasquez -
      Die Verkäufe laufen wohl recht gut:
      Lets just say we hit our month 1 forecast in 24 hours
    1. Avatar von Hetman
      Hetman -
      Wegen deiner Frage der Einheitenauflösung ... : Laut Handbuch soll "D" helfen .. habs aber noch nicht probiert^^.
    1. Avatar von Wenck
      Wenck -
      Die Schlachten ab 1944 könnten etwas besser sein (siehe meinen Forenbeitrag) ansonsten ein super Spiel !
    1. Avatar von Schnurrbart
      Schnurrbart -
      Ist was für mich! Läuft sogar gut auf meinem kleinen eee Rechner für Unterwegs!
    1. Avatar von Bronco69
      Bronco69 -
      hatte damals schon PG bis zum abwinken gezockt

      habs mir geholt und mir hat es richtig gut gefallen. hab jetzt endlich die ganze welt erobert als achsenmächte also erst mal im mittleren schwierigkeitsgrad
      ab nächste woche aufm lappi mal in schwer
    1. Avatar von Wenck
      Wenck -
      Richtig interessant wird es erst, wenn man die Schwierigkeitsgrade Manstein und Rommel freigespielt hat. Alles andere ist Kindergeburtstag
    1. Avatar von Husar
      Husar -
      Ich hatte mir das Spiel nach diesem Review hier gekauft und nicht bereut. Top!
    1. Avatar von BeSt583
      BeSt583 -
      Freut uns,
      unser Generalinspekteur gibt sich auch immer die größte mühe

      S!
  • TO END ALL WARS

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  • Supreme Ruler The Great War