• Cyanide Studio: Game of Thrones REVIEW

    Rund einem Monat nach der Veröffentlichung des RPG`s "Game of Thrones" des französisches Spieleentwicklers "Cyanide Studio", nutzte ich den aktuell laufenden Steam Sale, um einen Blick darauf zu werfen. Über die Hintergrundgeschichte der mehrteiligen Romanreihe des amerikanischen Autors George R. Martin "Das Lied von Eis und Feuer" werde ich in meinem Review allerdings nicht eingehen.

    Eine Feststellung möchte ich gleich vorweg nehmen: Wer mit der Romanreihe, oder zumindest der Fernsehserie, nichts anfangen kann oder diese nicht kennt, wird nicht unbedingt viel verpassen. Wer allerdings mit der Saga in Westeros vertraut ist und die Bücher/Filme liebt, sollte meiner Meinung nach nicht an diesem kleinen Juwel vorbei gehen.

    In Cyanide´s "Game of Thrones" spielt ihr zwei Charaktere, mehr oder weniger parallel, in zwei relativ liniearen Handlungssträngen, die sich zum Ende hin immer mehr verknüpfen. Bei Start des Spiels dürft ihr euren ersten Charakter, Mors Westford, rollenspieltypisch konfigurieren. Ihr bestimmt Grundattribute wie Stärke, Ausdauer, Glück, Gewandheit und Intelligenz oder die Auslegung des Avatars in Sachen seines Kampfstils (z.B. eine Spezialisierung auf einhändige oder zweihändige Waffen etc.).

    Ihr dürft auch positive wie negative Charakterzüge bestimmen, welche jedoch in ihrer Gewichtung ausgeglichen sein müssen. Dies fand ich sehr interessant. Weitere Charakterzüge werden auch durch eure Handlungen im Spiel den Eigenschaften der Charaktere hinzugefügt. Die Handlung des Spiels beginnt rund ein halbes Jahr vor der ersten Fernsehstaffel aus dem Hause HBO.

    Mors Westford ist ein angesehener und gefürchteter Bruder der Nachtwache, der von seinen Vertrauten auch "der Schlächter" genannt wird. Zu Beginn des ersten (von insgesamt 14) Kapitels befindet ihr euch in der schwarzen Festung der Nachtwache an der Mauer im Norden und habt die Aufgabe einen Deserteur zu köpfen. Ein wenig geeigneter Start gleich um eine sympathische Bande zu eurem Charakter zu knüpfen.

    Für dieses Genre mittlerweile typisch sind die Interaktions- und Dialogoptionen, welche jedoch relativ wenig Einfluss auf den Verlauf des Spiels haben. Im Grunde ist "Game of Thrones" ein interaktiver Film, der eine (bzw. zwei) Geschichten erzählen will.



    Mors, über dessen Vergangenheit man anfangs nichts weiss, verschlägt es im Laufe des Spieles über ganz Westeros. An seiner Seite steht sein treuer Freund, eine kleine gefährliche Bulldogge. Dieser Hund ist schön in das Spiel eingebunden. Ihn darf man bei Bedarf individuell steuern, um einzelne Gegner aus der Egoperspektive (also aus der Sicht des Hundes) anzufallen oder um mit seiner empfindlichen Nase Gerüche aufzunehmen und Fährten zu folgen.

    Die Spielcharaktere selbst steuert man aus der klassischen Kameraperspektive - also oberhalb der Schulter - wobei der Charakter ziemlich stark nach links versetzt ist. Dies ist Anfangs ungewöhnlich, aber nach einer kurzen Gewöhnungsphase kein Malus mehr.



    Die Handlung kommt recht schnell in Fahrt. Nachdem ihr mit Mors in der schwarzen Festung einige neue Rekruten im Kampf gedrillt habt, was im Grunde eine Art Tutorial des Kampfes darstellt, geht es raus in Westeros gegen einige Wildlinge, bis Kunde aus der Hauptstadt eintrifft. Die Hand des Königs Jon Arryn bittet seinen alten Freund Mors um Hilfe..

    Neben der Hauptquest, welche die Handlung voran treibt, stehen auch Nebenquests zur Verfügung. Diese äusserst gut gemachten Nebenquests sind recht umfangreich und können manchmal nicht einmal in einem Kapitel abgeschlossen werden. Ich empfehle unbedingt hier nichts auszulassen. Kinounterhaltung wird garantiert.



    Das Kämpfen in "Game of Thrones" ist wenig fordernd, wenn auch sehr schön anzusehen. Man führt seine Kampfspecials aus, welche je nach Charakterauslegung und Spezialisierung aus einer Palette von Optionen zur Verfügung stehen. Die Ausdauer der eigenen Spielfigur dient hier als Beschränkung der einsetzbaren Aktionen oder Kampfkombinationen. Beim Kämpfen kann man auch zwischen den Figuren der eigenen Gruppe - sofern vorhanden - umherschalten und so die Angriffe und Spezialfähigkeiten kombinieren.

    Man kann den Kampf zwar nicht pausieren, jedoch auf Zeitlupentempo verlangsamen, was einem bei der Entscheidung der nächsten Bewegungen hilft. Die Kämpfe werden im Verlauf des Spiels immer anpruchsvoller in Sachen Taktik. Sofern man nicht vor hat, ständig beim letzten Spielstand wieder anzufangen, weil man einer Übermacht feindlich gesinnter Kämpfer unterlag, sollte man sich doch mit den Aktionsoptionen auseinandersetzen und die Stärken seiner Begeitpersonen gezielt einsetzen.



    Mit dem zweiten Charakter "Alester Sarwyck" betritt man zu Beginn des zweiten Kapitels die Welt von Westeros. Ein aus der Ferne heimgekehrter ehemaliger Adeliger aus dem Süden. Die Gründe für seine Flucht ins Exil in ein Kloster des Feuergottes R`hllor liegen anfangs im Dunkeln. Ihr versucht mit Alester den Anspruch auf eure Ländereien zurückzuerhalten und trefft so auch recht schnell auf Cersei Lannister, die Gemahlin des Königs Robert Baratheon. Das Hause Sarwyck ist nämlich ein Vasall von Tywin Lannister.

    Obwohl die beiden Charaktere Mors Westford und Alester Sarwyck augenscheinlich nichts verbindet und man mit beiden komplett andere Ziele verfolgt, überschneiden sich die Wege der beiden Figuren zur Mitte des Spiels hin. Beide Geschichten sind vortrefflich erzählt und stehen in Sachen Spannung und Dramatik der Romanreihe in nichts nach. Man merkt, dass der Author George R. Martin bei der Handlung seine Finger im Spiel hatte.



    Wie weiter oben bereits erwähnt sind die Handlungsstränge recht linear, was aber nicht bedeutet, dass man nicht frei in Westeros umherwandern darf. Über zwei Karten, die jeweils den Norden und Süden von Westeros zeigen, sind neun Schauplätze nach und nach zugänglich. Wie zum Beispiel die Hauptstadt Königsmund (oder Kings Landing). Hier gibt es neben der erkundbaren Stadt selbst auch noch Nebenschauplätze wie die Kanalisation oder der Königspalast.



    Bei diversen Waffen- oder Rüstungsschmieden darf man sich mit neuer Ausrüstung ausstatten oder gelootete Gegenstände verkaufen. Ein grosses Sammelsurium von Schwerten, Äxten, Bögen uvm steht zur Verfügung. Man kann sich je nach Charakterauslegung mit leichten, mittleren oder schweren Rüstungen in allen möglichen Varianten ausstatten. Eben alles, was man aus klassischen Rollenspielen so kennt.

    Interessant fand ich, mit einem Charakter Orte aufzusuchen, die rein storytechnsich dem anderen Charakter zugeordnet waren. Selbst dann offenbarten sich noch kleine Details oder konnten Verstecke mit kleinen Gadgets gefunden werden.



    Die Navigation empfand ich als recht leicht und übersichtlich. Ich hatte viel Spielerkritik gelesen, dass die Navigation mangelhaft sei und man Schwierigkeiten hatte sein Ziel zu finden, welches mit einem Pfeil auf dem Kompass oder auf Markierungen auf der Ortskarte angegeben ist. Diese Kritik ist mir völlig schleierhaft ausser man ist Orientierungslegastheniker.

    Auch Äusserungen über die angeblich schlechte Grafik scheinen doch sehr übertrieben. Cyanide hat mit Game of Thrones sicher keine grafischen Meilensteine gesetzt aber mit der Unreal3 Engine solide Kost abgeliefert.



    Die eindeutigen Stärken des Spiels sind die Handlung und Hintergrundgeschichte. Die Gesamtspieldauer liegt bei rund 40 Stunden. Ich selber habe laut meiner Steam Datenbank 42 Stunden in Game of Thrones zugebracht und das, obwohl mir unglücklicherweise eine Nebenquest durch die Lappen ging. Man muss sich aber bewusst sein, dass man rund die Hälfte dieser Zeit passiv zum Zuhörer der Geschichte degradiert ist. Die andere Hälfte der Gesamtspielzeit verbringt man entweder auf dem Weg zum nächsten Ziel bzw auf der Suche danach, dem lösen kleiner Rätsel oder eben im Kampf.



    Ich empfehle unbedingt zum Ende des Kapitel 13, also bevor man sich in diesem Kapitel nach Beendigung der Nebenquests wieder der Haupthandlung widmet, einen sepparaten Spielstand zu erstellen. Denn ab Ende des Kapitel 13 spielt man entweder als Mors oder als Alester die Geschichte zu Ende. So kann man nach Beendigung wieder zurückkehren und mit dem anderen Charakter dem Ende entgegen treten.



    Insgesamt gibt es vier verschiedene Ausgänge des Spiels (zwei mit Mors und zwei mit Alester). Eine Packung Taschentücher sollten sich Spieler zur Hand legen, die nahe am Wasser gebaut sind. Selten endeten Singleplayerspiele derart tragisch wie Game of Thrones. Im Vergleich hierzu ist selbst die Enthauptung von Eddard Stark in der ersten Staffel eine unterhaltsame Komödie.






    Fazit: Kurz und knapp. Wer auf die Bücher und Filme steht möge nun das Ding kaufen gehen und noch dieses Wochenende selber in die Welt von Westeros abtauchen. Ich war begeistert und würde mich freuen weitere Meinungen zu hören.

    Grafik 8/10
    Solide Grafik basierend auf der UnrealEngine3. Es gibt sicher besseres auf dem Markt. Die Grafik ist dennoch ansehnlich und erfüllt seinen Zweck.

    Steuerung & Interface 8/10
    Kombinierte Maus und Tastatursteuerung. Nach kurzer Zeit fluppt alles einwandfrei. Mein einziger Kritikpunkt ist, warum man Menüs und Karten nicht mit der selben Taste schliessen kann, mit der man sie geöffnet hat. Öffnet man zum Beispiel die Ortskarte mit der Taste "m", muss man zum Schliessen derselben die Escape Taste drücken oder mit dem Mauszeiger im Menü wieder zurück gehen. Keine grosse Sache aber unlogisch allemal.

    Handlung & Atmosphäre 10/10
    Die grosse Stärke des Spiels. Die Story ist grandios und hat so viele völlig nachvollziebare Wendungen, so dass niemand jemals das Ende hätte voraus sehen können. Kenner der Spielewelt von Westeros werden viele "aha" Momente haben. Was wusste Jon Arryn wirklich? Wer hatte noch Interesse daran, König Robert zu töten? Das Spiel beginnt rund sechs Monate vor der ersten Fernsehstaffel und endet zur Zeit von König Roberts Tot. Einige bekannte Gesichter sind schön in die Spielewelt integriert wie die Königin Cersei, die "Spinne" Lord Varys oder der Kommandant der Nachtwache Jeor Mormont. Die deutschen Synchronsprecher der Fernsehserie wurden ohne Ausnahme eingesetzt was einen weiteren dicken Pluspunkt darstellt. Die breite Palette der originalen Soundtracks runden die gute Stimmung mit ab.

    Charaktere & Dialoge 9/10
    Die beiden spielabaren Charaktere wurden hervorragend in die Spielewelt eingebracht. Insbesondere Mors und seine Geschichte haben es mir sehr angetan. Die Sprecher der beiden Personen sind kinoreif. Das Timing der Lippensynchronisation ist jedoch nicht ganz so perfekt. Die Sprecher einiger NPCs sind allerdings zuweilen etwas belustigend (gestählter Ritter mit der Stimme eines 14-jährigen). Die Dialoge machen Sinn und sind interessant gehalten. Man hat oft grundsätzlich verschiedene Dialogoptionen - kurz gesagt entweder schmeichelnd zum Ziel kommen oder einfach mit brachialer Gewalt - allerdings haben die gefällten Entscheidungen strategisch keine Auswirkungen. Nur die Zwischensequenzen sind dann etwas anders gehalten.

    Spielumfang 7/10
    Gute 40 Stunden Spielzeit sind für ein Rollenspiel Mittelmaß. Es hätte ruhig noch etwas umfangreicher ausfallen können. Der Wiederspielwert ist durch die stark storygetriebene Spielewelt realtiv gering. Sicher, man könnte nochmals anfangen und die beiden Charaktere zum Beispiel in Sachen Kampfauslegeung anders ausrichten, aber da kämpfen nur eine Begleiterscheinung des Spiels ist, würde man wohl kein neues Spielerlebnis erfahren können, zumal der Ausgang der Handlung dann schon bekannt wäre.

    Gesamtwertung: 84%


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    Teaser Trailer zu "Game of Thrones"

    Kommentare 5 Kommentare
    1. Avatar von Tribun76
      Tribun76 -
      Hört sich super interessant an. Werde mir also der Reihe nach jetzt die Serie und dann ggf. das Spielchen vornehmen!
    1. Avatar von Pulk.
      Pulk. -
      Schönes und wohlwollendes Review. Ich warte bis das Spiel deutlich billiger wird dann hole ich mir das Teil. 44 Euronen sind mir zu viel.
    1. Avatar von vonik
      vonik -
      Im Vergleich hierzu ist selbst die Enthauptung von Eddard Stark in der ersten Staffel eine unterhaltsame Komödie.
      Dann werde Ich es bestimmt nicht spielen. Darüber hinaus sind 40 Stunden wirklich wenig.
      Anscheinend haben sie die Martins Tendenz sympathische (oder wenigstens wichtige) Persönlichkeiten umzubringen auf neue Höhen gebracht. Trostlosigkeit mag einen poetischen Effekt hervorbringen aber übertreiben darf mann es nicht.
      Ich habe Martin am ersten Tage als er noch unbekannt war gelesen (auf englisch) und obwohl es Spitzenklasse ist, hätte Ich ihn nach dem "Red wedding" chapter mit Vergnügen massakriert. Zuerst Eddard und dann Robb! Sogar Tywin Lannister! Damn you Martin!
      Zugegeben die Qualität stürtzt in den letzten 2 (Feast for crows und Dance with dragons) ziemlich stark ab und die Produktivität (10 Jahre für beide) auch. Bestimmt wurde er von dem Jordan Effekt ebenfalls erfasst.

      Es hat nichts mit dem Spiel zu tun aber denjeningen die hochwertige Fantasy mögen und auf der Suche nach sehr guten Büchern sind, würde Ich J.Abercrombie und P.Rothfuss empfehlen. Natürlich S.Erikson falls ihr ihn nicht kennt. Alle 3 sind wirklich Klasse.
      Ein wenig darunter aber auch interessant und sehr gut geschrieben ist R.S.Bakker.
    1. Avatar von Jurgass
      Jurgass -
      Stimme dir vollkommen zu Vonik, Martin übertreibt vollkommen mit dem Sterbenlassen der Hauptcharactere..
      Iwie kommt einem da der Gedanke, Martin seinen die Ideen ausgegangen..
      Kennst du Bernard Cornwell? Wenn nicht lies mal seine Version der Arthus Sage oder seine Sachsen Reihe, super geschrieben und historisch glaubhaft..
    1. Avatar von vonKleist
      vonKleist -
      Wie kann man es denn mit dem Sterbenlassen übertreiben? Im Kontext gelesen blieb doch im Regelfall nur der Tod als Alternative zum Verlust der Macht übrig, und wer die Macht und damit die Kontrolle verloren hat wurde halt mal eben nen Kopf kürzer gemacht. Alle Protagonisten zur Nachtwache schicken wäre ja auch ein wenig komisch gewesen. Das Lord Eddard ein Sympathieträger war würd ich im übrigen so auch nicht stehen lassen wollen, mit die erste Szene stellte doch von vornherein klar, das es für ihn nur schwarz/weiß gibt.

      Allgemein würd ich die Bücher eh nicht mit der Prämisse lesen, das man Hauptcharaktere hat, sondern es als überdimensionierten Sammelband von Kurzgeschichten betrachten die miteinander verknüpft sind, ich persönlich fand es nämlich recht störend das die Schauplätze und Charaktere recht sprunghaft wechseln.
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