• Wastelands Interactive: Time of Fury REVIEW


    Vor wenigen Tagen hat das polnische Entwicklungsstudio "Wastelands Interactive" seinen neuen Strategietitel "Time of Fury" veröffentlicht.

    Das Spiel ist das dritte Werk einer Serie von "Grand Strategy Games", welche mit "Time of Wrath" im Jahre 2009 und "Storm over the Pacific" im Jahr 2010 ihren Anfang nahmen.

    In "Time of Fury" hat der Spieler die Möglichkeit mit einer (oder mehreren) Nationen den Zweiten Weltkrieg rundenbasiert nachzuspielen. Insgesamt stehen etwas über 30 Nationen zur Auswahl. Im Grunde ist das Spiel eine Neuauflage des Erstlingswerks "Time of Wrath" und die Besitzer dieses Titels erhalten einen Nachlass in Höhe von 30% auf das Sequel.

    Der Nachfolger soll erhebliche Verbesserungen und verfeinerte Spieloptionen bieten. Da ich aber selber noch kein Spiel der Serie gespielt habe, werde ich hierzu in meinem Review aber nicht näher eingehen können.

    Insgesamt stehen nach dem Spielstart elf Kampagnen zur Verfügung. Die lange 1939er Kampagne darf man auch als deutscher Spieler mit der Option beginnen, seine motorisierten Einheiten selbst aufzustellen. Dann startet das Szenario bereits Mitte August 1939.





    Nach der Auswahl einer Kampagne hat man noch die Möglichkeit den Schwierigkeitsgrad einzustellen und seine Nation auszuwählen. Praktischerweise darf der Spieler mehrere Nationen steuern, was sich beim Spielen einer Hauptnation regelrecht anbietet. So habe ich bei der langen 1939er Kampagne auf deutscher Seite gleich die Steuerung der Slowakei mit übernommen.

    Im übrigen darf man selbst im laufenden Spiel die Kontrolle über weitere Nationen übernehmen. Dies ist als Spieler der Achsenmächte besonders sinnvoll, wenn im späteren Verlauf zum Beispiel Italien oder Ungarn dem Bündnis beitreten.

    Nach Spielstart landet man auf einer grossen, stufenlos zoombaren Europakarte. Diese reicht vom Atlantik bis zum Ural und von Narvik (Nordnorwegen) bis Nordafrika. Die zur Verfügung stehenden Einheiten fallen recht minimalistisch aus. Bei den Bodentruppen gibt es Infanterie-, mechanisierte Infanterie-, Panzer-, und Fallschirmjägereinheiten.

    Abgesehen von letzterem jeweils in Divisions- oder Korpsgrösse. Bei den Lufteinheiten gibt es Jäger und taktische- sowie strategische Bomber. Bei der Marine ist die Auswahl mit insgesamt fünfzehn Einheiten etwas umfangreicher. Bei der Einheitenauswahl bestehen also gewisse Ähnlichkeiten zu Spielen wie Slitherine`s "Commander-Europe at War" oder Battlefront`s "Strategic Command Reihe".

    Wenn man allerdings die Grösse der Kampagnenkarte berücksichtigt, wäre eine etwas umfangreichere Auswahl, insbesondere an Infanterietruppen, wünschenswert gewesen. Gebirgsjäger oder leichte Infanterie fehlen, um nur einige zu nennen. Mir persönlich gefallen etwas offene Strukturen besser. Am liebsten habe ich sogenannte Korpscontainer, in denen ich je nach Bedarf Divisionen zusammenfassen kann. Immerhin darf man bei "Time of Fury" Divisionen zu Korps aufrüsten oder Einheiten teilen sowie zusammenführen. Da lacht schon mal das Strategenherz. Dazu aber später mehr.



    Kommen wir zurück zur Kampagnenkarte. Geschmäcker sind ja bekannterweise verschieden und "Time of Fury" dürfte geteilte Meinungen hervorrufen. Positiv anzumerken ist, dass insgesamt neun unterschiedliche Mapmodi und acht Spritepacks mitgeliefert werden.

    Die Maps reichen von gezeichneten Karten bis hin zum Brettspiel - oder Retro Wargame-Look. Die Einheiten können als gezeichnete Figuren oder diverse Counter (z.B. Nato) dargestellt werden. Hier dürfte für jeden Geschmack etwas dabei sein. Im Verlauf des Reviews werden diverse Kombinationen ersichtlich sein.

    Wer sich mit ähnlichen Strategiespielen schon einmal beschäftigt hat, wird schnell den Einstieg in das Spiel finden. Zehn relativ kurz gehaltene Tutorials erleichtern zudem den Einstieg. Grundsätzliche Aktionen wie Bewegungsreichweite oder verbleibende Aktionspunkte werden recht verständlich dargestellt. Zumindest bei den Bodentruppen. Die Reichweiten der fliegenden Truppe ist nicht sofort zu ersehen.

    Motorisierte Einheiten bewegen sich in einer Runde, welche eine Woche umfasst, schneller voran als einfache Bodentruppen. Zeitgleiche Angriffe aus verschiedenen Richtungen sind möglich.



    Wie in solchen Strategiespielen üblich, empfiehlt es sich, seine schnellen Einheiten rasch voranzutreiben und durch geschlagene Breschen zu jagen.
    Da auch ein Nachschubsystem implementiert ist, gilt es nach Möglichkeit stärkere feindliche Kräftegruppen einzuschliessen und durch nachrückende Infanterie aufzureiben.

    Schick fand ich die Tatsache, dass sich eingeschlossene Feindeinheiten auch ohne weitere Kampfhandlungen ergeben können. Zumindest tat dies einmal eine polnische Division, die in Lodz in der Falle saß.

    Einheiten lassen sich auch strategisch, per Bahntransport, verlegen. Die Bahnkapazitäten lassen sich auch über das Baumenü erweitern, womit sich die Anzahl der "Strategic Movement Points" vergrössern lässt.

    Die wichtigste "Währung" in "Time of Fury" sind die, auch aus anderen Strategiespielen bekannten, Production Points (PP). Diese werden in bestimmten Industriegebieten generiert und eroberte Ressourcengebiete erweitern den eigenen Produktionspool.

    Strategische Bombardements simulieren dann den Angriff auf solche Industriezentren, welche bei Erfolg Produktionspunkte beim Gegner aus dem Pool abziehen. Eine gute Jagdabwehr im Ruhrgebiet ist also schon mal Pflicht.

    Apropos Menü: Das Bedienungsoberfläche bietet eine Vielzahl von Fenstern, die sich optional zuschalten lassen können. Die Gestaltung empfand ich als etwas wenig augenfreundlich und die Schriften teilweise schwer zu lesen. Allerdings ist dies nur bedingt aussagekräftig, da ich nur auf einem 18,6" Laptop getestet habe. Zahlreiche Buttons zieren die Ränder des Spielbildschirms. Hier kann man sich aber recht schnell hineinarbeiten.

    Deutlich gewöhnungsbedürftiger empfand ich diverse Menüfenster wie das "Reportwindow". Um nachzulesen was nun genau alles in der vergangenen Runde passierte, muss man ganz schön klicken und Schieberegler bedienen. Etwas suboptimal würde ich sagen.

    Technisch gesehen ist das Spiel solide programmiert. Einige kleinere Kinderkrankheiten hat es aber noch. Die Darstellung im Fenstermodus läuft noch nicht zufriedenstellend. Die Publisher haben aber schon Hotfixes parat und zur Verfügung gestellt, bis diese in den nächsten Patches aufgenommen werden. Auch läuft das Intro nicht im Vollbildschirm-Modus.

    Zumindest nicht auf Win7/64. Bei einem Gegenversuch auf einem Vistarechner funktionierte das Intro aber wieder. Der Fehler ist bekannt und soll auch gefixt werden. Ist auch kein Gamebraker, so ein fehlendes Intro.



    So. Nun aber wieder zurück zum Spiel. Polen ist erwartungsgemäss schnell gefallen. Diverse Events bereichern das Spielerlebnis. Nach dem Fall Polens darf man zum Beispiel entscheiden, wie hart man als Besatzungsmacht auftreten will.

    Wer ein strenges Regiment führt, erhält mehr "PPs" aus den besetzten Gebieten, muss aber mit mehr Partisanentätigkeit rechnen. Ein weiteres Event fragte an, ob ich das Zusatzprotokoll mit den Sowjets, hinsichtlich der Aufteilung Polens, wahren will oder nicht.

    Schon vor dem Ende des Polenfeldzuges begann ich, Truppen gen Westen zu verladen und meine Luftwaffe wieder aufzufrischen. Bahngleise werden übrigens durch Kampfhandlungen zerstört, jedoch wird die Reparatur automatisch durchgeführt und nimmt bis zu drei Runden in Anspruch.

    Im Westen verlief derweil alles ruhig, abgesehen der regen Fliegertätigkeit seitens der Franzosen und Briten. Einheiten lassen sich übrigens nicht stapeln. Also nur eine Einheit pro Hexfeld. Allerdings gibt es eine nette Funktion, die es erlaubt die Position mit einer benachbarten Einheit zu tauschen.



    Neben der Möglichkeit neue Verbände aufzustellen, hat man auch die Möglichkeit einer einfach gehaltenen Forschung. Man darf Produktionspunkte für insgesamt sechs Forschungsbereiche aufwenden. Erreicht man zum Beispiel in der Panzertechnik eine neue Entwicklungsstufe, steht besseres Gerät zu Verfügung und so werden aus Panzer I allmählich PzKfw V Panther.

    Das Aufstellen neuer Einheiten ist auch deutlich teurer als das Auffrischen von angeschlagenen Verbänden, weswegen es sich empfiehlt, mit der eigenen Truppe vorausschauend umzugehen. Auffrischen oder gar "upgraden" kann man die eigenen Einheiten auch nur bedingt in Feindesland. Eine Rückverlegung in die Heimat oder an ruhigere Frontabschnitt ist empfehlenswert, insbesondere da das Upgraden einige Runden in Anspruch nimmt.

    Die Einheiten gewinnen mit anhaltendem Krieg an Erfahrung und das Zuführen von neuen Rekruten senkt diese wieder. Auch steht ein Befehlshaberpool zur Verfügung. Einheiten ohne Befehlshaber erleiden keinen Malus. Einheiten mit Kommandeur erhalten hingegen diverse Boni.

    Da Kommandeure auch auf benachbarte Einheiten Auswirkung haben, lassen sich schöne Befehlsketten bilden. Zugleich begann ich damit, mir geschichtlich angelehnte Armeen zu bilden.



    Die Einheiten sind durchaus historisch korrekt benannt, aber das Auge kämpft ja auch mit. Einheiten darf man beliebig umbenennen. Den maritimen Bereich von "Time of Fury" hatte ich bei meinem bisherigen Spiel etwas stiefmütterlich behandelt.

    So habe ich nur kleinere U-Boot-Rudel zusammengefasst und in den recht umfangreichen Atlantik entsandt. Konvois (die eigenen sowie die feindlichen) werden automatisch generiert. Grossartige Erfolge konnte ich in den ersten Kriegswochen nicht verzeichnen, aber meine U-Boot-Waffe befindet sich im Grunde ja auch erst in der Aufstellung. Mit den paar Booten kann England noch nicht ausgehungert werden.

    Ein weiteres Spielelement ist die Diplomatie. Der Diplomatiepart ist jedoch auch recht einfach gehalten. Man kann versuchen, neutrale Nationen zu beeinflussen oder auf seine Seite zu ziehen, versuchen eine Regierung zu stürzen oder eben Krieg erklären. Naja, vollkommen ausreichend für so ein Spiel. Bei "Time of Fury" geht es ja darum, in erster Linie den Zweiten Weltkrieg nachzuspielen.

    Wer ein Spiel sucht, bei dem man durch politischen Einfluss den gesamten Kriegsverlauf auf den Kopf stellen kann, sollte sich dann doch lieber wo anders umsehen.



    Fazit:
    "Time of Fury" hat im Grunde alles, was man von einem "Grand Strategy Game" erwartet. Forschung, Produktion und Kampf.
    Zugegeben, es schneidet viele Bereiche nur oberflächlich an, aber wer ein komplexes, Vielfronten-Strategiespiel sucht, der könnte hier fündig werden. Man sollte aber kein ultrakomplexes und detailliertes Strategieepos wie Gary Grigsby`s "War in the East" erwarten. Diesen Anspruch erheben nicht einmal die Entwickler . "Time of Fury" bietet gutes Mittelmass in dieser Hinsicht. Für Gelegenheitsspieler dürfte es aber unter Umständen schon zu verschachtelt sein. Ein Vergleich mit Hearts of Iron (nur eben rundenbasiert) ist eher angebracht.

    Grafik & Sound 7/10
    Die Grafik haut einen nicht vom Hocker, ist aber angemessen. Die Moddergemeinde wird auch sicher noch einiges nachreichen. Die Hintergrundmusik ist ok. Verschiedene Soundtracks klimpern so vor sich hin. Kann man anlassen, muss man aber nicht.

    Steuerung & Interface 6/10
    Für mich sind die Steuerung und das Interface nicht so gelungen. Man kommt schon zurecht und Hardcore-Wargamer sind in dieser Hinsicht ja schon einiges gewöhnt. Leider setzt hier "Time of Fury" auch keine neuen Masstäbe. Andere "Neuerscheinungen" wie "War in the East" oder "Pride of Nations" machten dies aber auch nicht besser.

    Atmosphäre 8/10
    Eine der Stärken des Spiels finde ich. Hat man erst einmal einen Draht zu seinen Einheiten und seine Armee individualisiert, dann kommt schon Weltkriegsfieber auf. Dass hier alle Fronten und Kriegsschauplätze auf einer Kampagnenkarte zusammengefasst sind trägt noch dazu bei. Wargamer, die gerne tiefer planen und genug Zeit mitbringen, dürften schon ein reiches Spielerlebnis erfahren können. Insbesonders wenn sie mit den Bedienelementen zurecht kommen.

    Spielumfang 10/10
    Etliche Kampagnen, über 30 spielbare Nationen und Multiplayer (pbem++ Server von Slitherine). Mehr als genug meiner Meinung nach.

    Künstliche Intelligenz 7/10
    Man darf keine Geniestreiche erwarten. Totale Aussetzer habe ich jedoch auch nicht erlebt. Recht solide gemacht und etwas über dem Durchschnitt ist hier mein Eindruck nach knapp 20 Spielstunden. "Time of Fury" dürfte sicher im Multiplayer glänzen, vorausgesetzt man findet Mitspieler die genug Zeit für eine Kampagne aufbringen können.

    Gesamtwertung: 76%


    Time of Fury ist erhältlich bei Matrix Games und Slitherine
    Kommentare 8 Kommentare
    1. Avatar von Pulk.
      Pulk. -
      Och, ich finde es sieht nicht schlecht aus. Die Mapmods gefallen mir.
    1. Avatar von Wenck
      Wenck -
      Wie sieht es mit einem epischen AAR aus?
    1. Avatar von Hetman
      Hetman -
      Time of Wrath hat mir schon gefallen. Es war irgendwie wie HOI für "Zwischendurch". Wobei sich das "Zwischendurch" sehr dehnen konnte.
      Time of Fury werd ich daher auf jedenfall auch kaufen
    1. Avatar von Vasquez
      Vasquez -
      Kauft es Euch dann machen wir ein AAR zu einem epischen pbem Pulk und Hetman können beruhig zuschlagen. Kenne deren Geschmäcker ja. Wer HOI2 mochte und wieder was ähnliches spielen will, ohne hektisches Echtzeitgestresse und ständiges Popp-Up-Fenster weggedrücke, kann auch zugreifen. Insb. die Marinegeschichte gefällt mir bei ToF mittlerweile recht gut.
    1. Avatar von Haribo
      Haribo -
      Hoffentlich liegt die Betonung hier wirklich auf HoI2. Der dritte Teil war ja für die Tonne Abgesehen von der niedrigen Bewertung des UI, ist es im Prinzip eine recht gute Bewertung.
    1. Avatar von Vasquez
      Vasquez -
      Mit dem Interface kommt man schon klar. Wie geschrieben, ist es auch nicht schlechter als viele andere. Nur eben halt auch nicht besser. Ich war beim schreiben des Reviews dieses mal etwas gehetzt weil ich im Grunde ToF garnicht auf meiner Liste hatte und viel zu erledigen habe (Vor Weihnachten eben). Das Spiel macht schon Laune und ich werde es sicher noch einige Zeit spielen. Strategiefans empfehle ich es auf jeden Fall zu kaufen. Die Weltwirtschaft muss sowieso angekurbelt werden
    1. Avatar von Vitus
      Vitus -
      Nicht schlecht das Spiel. Auch noch sehr ausbaufähig.
    1. Avatar von Vasquez
      Vasquez -
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