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Vasquez
01.04.2011, 19:49
.. ist Tribun76 mit folgender Story:


Meine schöne Geschichte

Jeden Morgen geht bei mir der Radiowecker an. Meistens immer dann, wenn die beiden amateurhaften Radiomoderatoren unseres Lokalsenders hier ganz besonders mit ihren quiekigen Stimmen und dümmlichen Witzen zu brillieren versuchen. Darüber ärger ich mich dann immer so sehr, dass ich aufstehen muss, um diesen Stumpfsinn zu entgehen. Als nächstes stelle ich mir die tagesentscheidende Frage: "Wie gehe ich jetzt weiter vor?" Schnell fange ich mich wieder, überprüfe genauestens, ob ich eine Hose anhabe, putz die Zähnchen und steige in mein Fahrzeug, um den Weg nach Düsseldorf zu bestreiten. Schon in diesen Momenten denke ich militärisch, habe die Karte voll im Blick und wäge Alternativen ab. Der Weg über die A46 ist der schnellste und kürzeste. Zumindest dann, wenn kein Stau ist. Und der ist zwischen Wuppertal und Düsseldorf eigentlich jeden Morgen. Fahre ich lieber meine Geheimstrecke über Land, bin ich was länger unterwegs, kann aber sicher sein, zu einer bestimmten Uhrzeit da zu sein. Das erfordert alles ein großes Maß an logistischem Denken und auch Mut, denn unterwegs erwarten einen eine ganze Anzahl an Unwegbarkeiten. Auch wenn es kein direkter Beschuss von 12-Pfündern ist oder man in Salvenreichweite französischer Linieninfanterie gerät, bleiben auf der A46 viele Seelen zurück. Erst letztens hat ein LKW ein Bettgestell verloren, das auf einen folgenden PKW fiel. Der Fahrer verunfallte und starb. An der Anschlussstelle Erkrath, die ich jeden Morgen nutze, geriet ein PKW erst letztens unter einen LKW. Auch dieser Fahrer überlebte den Unfall nicht.

Zerschlissen mit zahlreichen Wunden und Verletzungen erreiche ich schließlich meine Destination. Dort erwarten mich Personen. Die verdienen viel Geld, wissen aber nicht, wie sie weiter vorgehen sollen. Denn diese Leute denken nicht militärisch, sie leben nicht in der Lage. Im Gegensatz zu mir. In Gedanken bleibe ich schon am Haupteingang mit dem Tschako am Türrahmen hängen und passe wegen dem aufgepflanztem Bajonett nicht in den Aufzug. Andere Leute schauen mich im Treppenhaus dann seltsam an, wenn ich Kommandos wie "Former le Carré" lauthals herausrufe, weil Wahn und Wirklichkeit längst verschwimmen. Sobald ich meine Etage erreicht habe, behalte ich die Flanken im Auge. Mögen sie auch noch so übersichtlich sein. Scharfschützen an die Bürofenster? Warum nicht, die Bundesstraße 8 muss abgedeckt sein. Ist die Artillerie auch gut genug gegen Beschuss gedeckt? Erst die Kollegen holen mich aus meinen Gedankenspielen wieder heraus mit solch profanen Fragen wie "Trinken wir heute keinen Kaffee?". Das ist es also, der Gegner will mich einlullen, mich gefügig machen. Er gaukelt Sicherheit vor, will friedfertig erscheinen. Na gut, drei Kaffee können vormittags nicht schaden. Aber ich bleibe auf der Hut.

Der Vormittag geht ohne Scharmützel vorüber, Aug in Aug mit dem Feind. Dann die Mittagspause, die Frauen schnattern und labern, lästern und parlieren über belangloses. Die männlichen Kollegen rauben mir den Nerv, weil sie sich wie Paviane profilieren. Was für lächerliche Amateure, denke ich mir. Die würden niemals eine Kolonne in Linie bekommen, ohne von meinen wohlplatzierten Truppen kurz und klein geschossen zu werden. Erst am Ende der Pause berühige ich mich wieder und träume meine Großmachtsphantasien. Ein Reich von der Algarve bis zum Ural. Das wäre schon was. Und ich würde den Völkern Frieden und Freiheit, Wohlstand und Wissen bringen. Warum erkennt das eigentlich niemand? Gegen 14 uhr wollte ich mich gerade in der Büroküche selbst zum Kaiser krönen, als das Telefon klingelt. "Wir brauchen noch die Anzeigenrechnung von Ihnen", quäkt eine unangenehm frequentierte Frauenstimme aus dem Hörer. Anzeigenrechnung? Mit flapsigen Bemerkungen schüttel ich diese überflüssige Person ab. Ist dort etwa Verrat im Spiel? Ich kann es nicht prüfen. Verdammt, warum habe ich meine Verwandten nicht in Schlüsselpersonen gesteckt und sie zu Königen von Phantasiereichen ernannt? Jetzt ist es zu spät. Jetzt muss ich die bitteren Konsequenzen tragen. Das Büro ist ein Schlachtfeld. Die ganze Etage ein Kriegsschauplatz. Überall lauert der Feind. Ein unerbittlicher Feind, der zwar eine dumme KI ist, aber er hört einfach nicht auf.

Um 16 Uhr werde ich geweckt. Feierabend. Ich zeih mir brav mein Jäckchen an, pack meine Tasche. Sag artig "Tschüss, bis morgen" zu den Kollegen. Setze mich in mein Auto und verschwinde aus Düsseldorf. Die Wirklichkeit hat mich wieder. Wie ein Süchtiger lechze ich nach der Weltherrschaft. Wie kann ich sie erreichen? Heroinabhängige bekommen Methadon, ich brauche eine Simulation. Und zwar eine von Matrix! Ende!

Lollo
01.04.2011, 20:32
gz tribun

Tribun76
01.04.2011, 20:38
Danke. 20 Jahre stetiger Akoholzufluss müssen ja für was gut sein.

Schakal
01.04.2011, 21:38
Ein Kleinod deutscher Dichtkunst möchte man fast sagen, herzlichen Glückwunsch !

kreamania
02.04.2011, 13:36
wie geht es? schön hier zu sein!

Vasquez
02.04.2011, 14:39
wie geht es? schön hier zu sein!

Die spambots sollten echt mal an ihren Profilen arbeiten :lol:


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Sniper09
02.04.2011, 21:43
Sehr schön Tribun............als ich noch in WWII unterwegs war hatte ich auch solche Gedanken den ganzen Tag..........hab auch schonmal auf die Alliierten geschimpft wie nen Rohrspatz und mit Franzosen red ich seit dem auch nimmer---LOL

PvtJoker
03.04.2011, 21:24
Klasse geschrieben.

Wo es mit WW2 anfing hatte ich auch mal ein Erlebnis wo ich das RL mit der Online leicht berührten, das Hirn spielt einem manchmal tolle Sachen vor hehe