• Slitherine: Frontline - Road to Moscow SPIELETEST

    Ein Spiel vom UK Strategiespiele-Publisher Slitherine für 10 Euro auf Steam!? Vor wenigen Monaten wäre dies noch undenkbar gewesen, waren doch Slitherine und seine US Tochter Matrix Games in vergangenen Zeiten erklärte Steam Gegner. Verständlich waren diese Ressentiments allemal. Wer möchte schon rund 30 Prozent seiner Einnahmen abtreten. Tja, aber man muss wohl mit der Zeit gehen.

    Derzeit bietet Slitherine rund ein dutzend Titel auf Steam an. "Frontline - Road to Moscow" wurde bereits vor einem Monat ins Rennen geschickt. So ganz richtig ist dies aber nun auch wieder nicht. Das Spiel war bereits einige Monate vorher auf iPhone und Android Devices erhältlich. Ja, "Frontline - Road to Moscow" (im nachfolgenden Spieletest mit „RtM“ abgekürzt), ist nur eine Portierung für den PC. Wobei es ja nicht heissen muss, dass das Spiel nicht gut ist. Also sehen wir es uns an.

    Auf den ersten - sowie auch dem zweiten - Blick erinnert „RtM“ an eine Mischung zwischen dem gelungenen Panzer General Remake „Panzer Corps“ und dem Insider-Tipp „Unity of Command“. Beide Spieleserien hatte ich im höchsten Masse genossen, so dass ich mit einiger Vorfreude an „RtM“ heran gegangen bin. Der Spielstart gestaltet sich völlig unspektakulär. Will heissen: Man verzichtete völlig auf ein Intro. Vielmehr landet man direkt im Hauptmenü.

    Die Einstellungsmöglichkeiten hier sind auch ziemlich überschaubar. Im Grunde darf man ein wenig am Schwierigkeitsgrad drehen und eine Kampagne starten. Die Kampagne startet mit Beginn der Operation Barbarossa im Sommer 1941. Einzelne Szenarien oder unterschiedliche Nationen stehen nicht zur Verfügung. Das Spiel ist ausschliesslich auf deutscher Seite spielbar. Ehrlich gesagt reicht mir dass aber. Ich spiele sowieso am liebsten mit den Jungs in Feldgrau.

    Während der Kampagne einmal frei geschaltete Schlachten darf man aber auch später wiederholen, um sein Ergebnis zu verbessern. Dies nur einmal als Information vorab. Die eigene Kampagne wird recht schick durch eine ansehnlich gezeichnete Operationskarte der Ostfront begleitet. In der Regel stehen zwei bis drei Szenarien zur Verfügung, die das Geschehen und die Zeitlinie vorantreiben.



    Das erste Szenario, also die Eröffnungsschlacht, dient auch zeitgleich als Tutorial. Hier werden die grundlegenden Spielmechaniken erklärt. Zum Beispiel wie man seine Einheiten bewegt, aufmunitioniert oder mit ihnen angreift. Im Gegensatz zu den Spielen „Panzer General“ oder „Panzer Corps“ konnen bei „RtM“ Einheiten auch über grössere Entfernung, je nach Bewaffnung, feuern.

    Obwohl das Spiel ursprünglich nicht für den PC entwickelt wurde, ist die Steuerung recht gelungen. In den nachfolgenden Szenarien werden zudem Neuerungen oder hinzugefügte Features durch eingeblendete Tooltipps erklärt. Auf ein Handbuch kann getrost verzichtet werden. Binnen kürzester Zeit sitzt die Steuerung. Veteranen aus vergleichbaren spielen fühlen sich gleich wie zu Hause (Bild oben: Die Kampagnenkarte).



    Die in alt bewährte Hexagone unterteilten Szenarienkarten sind allesamt sehr ansehnlich gezeichnet und schick anzusehen. Selbiges gilt für die Einheiten. Musik und Geräuschkulisse gehen auch in Ordnung. Die Kampagne besteht aus über 30 Szenarien. So ganz genau kann ich euch das gar nicht sagen. Durchgespielt habe ich „RtM“ bislang noch nicht. Ich hänge noch so im Sommer 1943 herum – nach rund 25 geschlagenen Schlachten. Einen Einfluss auf den historischen Ausgang des Ostfeldzuges könnt ihr im übrigen nicht nehmen.

    Für mich persönlich geht dies so in Ordnung. Der Schwierigkeitsgrad kam mir Anfangs, selbst bei der Standardeinstellung, recht knackig vor. Das lag hauptsächlich daran, dass ich - wie aus vergleichbaren Spielen gewohnt – immer versuchte recht zügig vorzugehen und so happige Verluste einstecken musste. Dabei ist bei „RtM“ Umdenken angesagt. Man hat alle Zeit der Welt, die „Objectives“ und Ziele eines Szenarios zu erreichen. Eine Rundenbeschränkung gibt es hier in der Regel nicht (Bild oben: In den ersten Szenarien wird der Spieler stark durch Toolstipps und Einblendungen unterstützt! Tolle Sache).



    Hat man einmal das Verhalten der KI durchschaut wird „RtM“ sogar vergleichsweise leicht, sofern man nicht anfängt zu hetzen. In fast jeder Schlacht reichte es mir zu einem glorreichen Sieg, indem ich einfach besonnen vorging. Immer nur wenige Hex pro Zug vorrücken und die Artillerie aufschließen lassen. Die KI rückt meistens in Wellen an, sobald man nah genug herangerückt ist. War eine Welle abgeschlagen oder ein Verteidigungsring durchbrochen hieß es erst einmal wieder sammeln, auffrischen und aufmunitionieren. Und dann weiter zum nächsten Etappenziel. Besonders viel Spannung kam dann doch teilweise nicht auf. Es war zuweilen eher ein regelrechtes abarbeiten der Karten. Hier könnten unter Umständen geskriptete Manöver der KI Abhilfe schaffen (Bild oben: Die Sowjets versuchen eine Flussübergang zu erzwingen. Wir sind aber vorbereitet).



    Abgesehen davon bedauere ich in erster Linie das Fehlen einer Kerntruppe. Einer der größten Motivationsfaktoren beim vergleichbaren "Panzer Corps" oder "Germany at War" ist, dass der Spieler dort seine eigene Truppe durch den Feldzug begleitet. Diese gewinnt an Erfahrung und man identifiziert sich mit ihr. Bei „RtM“ fehlt eine Kerntruppe völlig. Zu Beginn jeder Schlacht hat man eine neue und vorgegebene Armee zur Verfügung.

    Man kann diese zwar mit erwirtschafteten Ressourcepunkten, dem sogenannten Prestige, erweitern oder auffrischen – mit zum nächsten Szenario nimmt das diese jedoch nicht. Da leidet natürlich insbesondere der Wiederspielwert darunter. Bei "Unity of Command" hatte man zwar auch keine Kerntruppe, aber "Road to Moscow" hätte dieses Spielfeature sehr gut zu Gesicht gestanden (Bild oben: Spätsommer 1942 - Die Schlacht um Stalingrad beginnt).



    Wargamer oder auch Spielernaturen, die gerne realitätsgetreue Spiele spielen, sollten aber vorgewarnt werden. „RtM“ ist alles andere als realistisch. Man merkt es dem Spiel hier deutlich an, daß es als seichte „Tabletkost“ für Gelegenheitszocker erdacht wurde. Zwar stimmt der chronologische Ablauf des Ostfeldzuges – keine Frage – aber was teilweise geboten wird ist doch mehr als nachlässig. Volkssturm als kaufbare Einheiten im Jahr 1941? Russische Raketenwerfer (Katjuschas) mit einen Angriffswert, bei der selbst eine Elite-Panzerdivision zu Staub zerbröselt?!

    Hier hätte eine etwas bessere Recherche gut getan. Warum diesbezüglich Slitherine bzw Matrix Games nicht ein wenig Unterstützung geleistet haben vor Release ist fraglich? Die Jungs sollten sich doch beim Thema „zweiter Weltkrieg“ ganz besonders gut auskennen. Ist doch im Prinzip ein Heimspiel für sie (Bild oben: Wintereinbruch 1941 - man arbeitet sich weiter in Richtung Moskau vor - Panzer IVH und Volkssturm stehen auch zur Auswahl - Ohne Worte!?!).

    Fazit:
    Für den Preis von 10 Euro geht „Frontline – Road to Moscow“ voll in Ordnung. Man findet sich sofort ins Spiel und kann durchaus unterhalten werden. Wer vergleichbare Spiele liebt darf durchaus zuschlagen, sofern er es mit einem historisch korrekten Anspruch nicht so genau nimmt. Wer in Sachen WK2-Hexfeld-Rundenstrategie unbedarft ist und einen Einstieg sucht, sollte aber lieber zu einem der andere Genrevertreter greifen. Einige wurden im Review ja genannt.

    Mit „Frontline – Road to Moscow“ wurde definitive eine Interessante Plattform geliefert für künftige Spiele. Man könnte echt etwas aus der Engine machen. Eine etwas bessere Recherche und anspruchsvollere KI vorausgesetzt, wäre hier ein echter Preisknaller vom Band gelaufen. So reicht es aber nur für eine Durchschnittswertung und einen Achtungserfolg.

    Grafik & Sound 8/10
    Schön gezeichnete Karten und Einheiten. Hier gibt es nichts zu bemängelt. Sound und Musik gehen auch in Ordnung.

    Steuerung & Interface 8/10
    Für eine Tablet- bzw Smartphone-Portierung ist die Steuerung gelungen.

    Atmosphäre 4/10
    Mau. Dürfte auch der Grund sein, warum ich bislang meine Kampagne nicht zu Ende gespielt habe. Irgendwie fehlt mir der Antrieb dazu. Die Gründe hierfür wurden im Review beschrieben. Keine Kerneinheiten. Schlechte Recherche bei den Einheiten. Wenig fordernde KI. Bei einem Nachfolger erwarte ich hier mehr.

    Spielumfang 7/10
    Schätzungsweise dürfte man rund 20 bis 25 Stunden an einer Kampagne sitzen. Das ist für ein Spiel dieser Preiskategorie ein sehr guter Wert. Der Wiederspielwert ist aber ziemlich bescheiden.

    Künstliche Intelligenz 4/10
    Die KI ist recht passiv. So führt sie zum Beispiel selbst motorisierte Artillerie (auf Selbstfahrlafetten) nicht vor um die eigene Truppe zu unterstützen. Sie greift auch nicht konsequent angeschlagene Einheiten an. Engpässe oder Flussübergänge werden nicht wirklich verteidigt. Kurzum: Sie ist unterdurchschnittlich.

    Gesamtwertung: 62%


    "Frontline - Road to Moscow" ist unter anderem erhältlich bei Steam.



    Testsysteme: iCore7 3770 - 16GB Ram - GTX680 sowie Core2Duo 6600 (Mobil) - 4GB Ram - GT220M ->Folgt uns auf Twitter<- ->Besucht uns auf Facebook<-

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