• Introversion Software: Prison Architect PREVIEW

    Dass das Leben in einem amerikanischen Knast kein Zuckerschlecken ist, weiß man spätestens seit Filmen wie „Die Verurteilten“ oder Serien wie „Prison Break“. Es gab auch immer wieder Versuche, diese Thematik dem PC-Spieler näherzubringen. Nennenswert sei hier die mehrteilige „Prison Tycoon“-Serie, die seinerzeit die Community eher schockierte, denn begeisterte. Dass dieses Thema echtes Potenzial hat und man damit auch ganz anders umgehen kann, zeigt seit einiger Zeit das Indiestudio Introversion Software. Die Engländer sorgten schon vor einigen Jahren mit dem puristischen Strategie-Kracher DEFCON für Aufsehen.

    Bereits seit Herbst letzten Jahres ist das Gefängnis-Aufbauspiel „Prison Architect“ in der Entwicklung. Bei Steam darf man sich nun an der Alpha beteiligen, wenn man rund 26 Euro hinblättert. Der Preis ist in so einer Entwicklungsphase nicht von schlechten Eltern. Allerdings dürfen sich Alpha-Teilnehmer (Early Access bei Steam) beim Release über klassische Dreingaben wie den Soundtrack oder ein Art Book freuen.

    Mein allererstes Gefängnis war eine einzige Katastrophe. Meine Gefangenen haben sich gegenseitig in der Holding Cell (eine Art Gemeinschaftszelle für Neuankömmlinge) und meine Angestellten umgebracht. Strom- und Wasserversorgung habe ich vorne und hinten nicht auf die Reihe bekommen. Das hatte dann zur Folge, dass die Kantine nicht richtig funktionierte, die von mir eingestellten Köche nichts kochten und die Gefangenen immer rebellischer wurden. Zudem hatte ich den Haupteingang zu meinem Knast dermaßen dämlich angelegt, dass immer wieder Häftlinge entwischten und das Weite suchten. Schließlich fehlte mir das nötige Kleingeld, um einen echten Zellenblock zu bauen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.

    Prison Architect hat echtes Suchtpotenzial. Denn nach diesen Erfahrungen, die ich zum Teil auch in meinen Folgespielen immer wieder machen musste, packte mich doch immer wieder der Ehrgeiz, es beim nächsten Versuch besser zu machen. Und es wurde besser. Also optimierte ich den Eingangsbereich, verlängerte die Betonmauern mit diversen Schleusen und hohen Zäunen. Nun entkam niemand mehr. Gleichzeitig habe ich die Duschen mit der Gemeinschaftszelle verbunden. Und mir in Sachen Stromversorgung etwas mehr Mühe gegeben. Jetzt gab es auch endlich regelmäßige Mahlzeiten in der Kantine. Die von mir eingestellten Wachbeamten schauten meinen Häftlingen nun genauer auf die Finger. Zu echten Gewaltausbrüchen kam es nur noch sporadisch. Benahm sich jemand komplett daneben, wurde er kurzerhand (und voll automatisch von den KI-Wachen) in die Einzelhaft gesteckt.



    Prison Architect packt und fesselt. Und das bei absolut minimalistischer Optik. Wärter, Häftlinge und sonstige Angestellte sind im Grunde nichts anderes als Strichmännchen, die über den zweidimensionalen Bildschirm huschen. Klingt billig, tut der ganzen Sache aber absolut keinen Abbruch. Bei Prison Architect darf man sich um viele Dinge kümmern, die große Auswirkungen haben können. Man muss jede Stromleitung selbst ziehen und jedes Klo an das Wassersystem des Knasts anbinden. Das kann in einer echten Klickorgie ausarten und wird mitunter etwas anstrengend. Schaut man dem Bautrupp dann jedoch dabei zu, wie er die Baupläne umsetzt, entschädigt das etwas. Köpfchen ist in diesem Spiel jederzeit gefragt. Man muss sich stets im Klaren sein, wie die Häftlinge die von einem selbst geschaffene Umgebung aufnehmen. Denn diese reagieren durchaus individuell und realistisch, weshalb der Sicherheitsaspekt niemals aus dem Focus verschwinden darf.

    Und Introversion hat an fast alles gedacht. Jeder Stuhl, der angeschafft wird, muss zunächst geliefert werden. Dazu kommen LKW, die sowohl die bestellten Baumaterialien und ebenfalls das Mobiliar bringen, aber auch neue Häftlinge. Auch die Köche holen gelieferte Nahrungsmittel von den LKW, während der Knastmüll zur Sammelstelle gebracht und dort später von den obligatorischen LKW abgeholt wird. Beim Bau des Gefängnisses lässt einem das Spiel absolut freie Hand. Wie man wo welches Gebäude errichtet und welche Größe und Form es hat, bleibt dem Spieler überlassen. Steht es frei oder ist es mit einem Nachbargebäude verbunden? Alles eine Frage der Logik und auch der Experimentierfreudigkeit. So macht es Sinn, die Duschen und die Kantine möglichst nah am Zellenblock zu platzieren. Das spart Zeit. Die Kantine darf aber gleichzeitig ruhig nah am Haupteingang liegen, da die Köche immer etwas Zeit brauchen, um Zutaten vom Anlieferungsbereich außerhalb des Knastgeländes zu holen. Hier ist mehrfaches Ausprobieren unabdingbar. Denn die Häftlinge folgen einem strikten Tagesablauf, der jeweils in anderen Gebäuden stattfindet.



    Baut man einen Gefängnishof, sollten Sportgeräte aufgestellt werden. Hier können die Häftlinge überschüssige Kraft abbauen. Telefonzellen helfen gegen das Heimweh vieler Häftlinge. Genau wie ein Psychologe, der eingestellt werden darf (sobald man ein Verwaltungsgebäude errichtet hat). Eine Krankenstation ist unabdingbar, da die Häftlinge stets dazu neigen, sich gegenseitig zu verletzen. Aber auch die Angestellten – hier in allererster Linie die Wärter an vorderster Front – leiden nicht selten an von rebellischen Häftlingen zugefügten Blessuren. Manche Gefangenen zücken auch unverrichteter Dinge eine Waffe oder schmuggeln Drogen in den Knast. Sieht man so etwas, kann man den entsprechenden Häftling anklicken und auf „Search“ bestehen. Der nächstbeste Wärter kommt, durchsucht den Tunichtgut und steckt ihn danach gegebenenfalls in Einzelhaft. Auch das Corpus Delicti erscheint und landet auf der Müllhalde. Ein Klick auf einen Gefangenen gibt Auskunft über begangene Straftaten und bereits verbüßte Strafen. Auch der aktuelle Schuldspruch und Grund des Knastaufenthalts sind ersichtlich. Ebenfalls, ob sich der Delinquent schuldig oder nicht schuldig bekannt hat.

    Fluchtversuche und Angriffe auf Gefängnispersonal werden ebenfalls penibelst festgehalten. Verwandte und Anverwandte werden namentlich aufgeführt. Schließlich kommen immer wieder Familienangehörige zu Besuch. Ein echtes Fest für Freunde detaillierter Charakteristika. Auch ein kleiner Forschungsbaum wurde implementiert. Gegen Bares dürfen dort in erster Linie neue Angestellte freigeforscht werden, wie etwa Reinigungskräfte (die Gebäude sehen nach einer Weile von innen wie Sau aus), Wartungsmitarbeiter (alles verfällt nach einer Zeit, auch die Mauern), Gärtnern oder einer Spezialeinheit für Gefängnisaufstände.

    Hat man seinen Knast nach einer Weile einigermaßen im Griff, dann wird es automatisch etwas ruhiger. Der Tagesablauf spielt sich ein und man kann sich fast entspannen. Und hier erscheint in meinen Augen die größte Herausforderung für die Entwickler: Langzeitmotivation. Da hilft auch Die Todeszelle nicht, die inklusive elektrischem Stuhl errichtet werden darf. Hier wird dann auch mal hingerichtet. Es handelt sich schließlich um einen amerikanischen Knast in einem Staat mit Todesstrafe (was in diversen Foren und bei diversen Magazinen bereits zu politisch korrekten Diskussionen führte).



    Für mich ist Prison Architect ein echtes Highlight, macht es doch all jene Sachen richtig, die bei ähnlichen Produktionen anderer Entwickler stets falsch gemacht wurden. Allen voran Prison Tycoon. Auch wenn sich Prison Architect noch in der Alpha befindet, lässt es sich in der jetzigen Version einwandfrei spielen. Abgesehen von kleineren Problemen, die ich bei der Strom- und Wasserversorgung hatte (Arbeiter weigerten sich vehement, Rohre und Kabel zu verlegen) sowie dem Umstand, dass in einem meiner Spiele Häftlinge nicht von der Holding Cell in den Zellenblock umzogen. Kleinigkeiten, die locker weggepatcht werden könnten. Schwerwiegender ist da noch eher die Übersichtlichkeit an verfügbarem Inventar für manche Gebäude. Derzeit lässt sich für den Gefängnishof nur die Hebebank kaufen. Mehr nicht. Da darf sicherlich noch das eine oder andere Stück nachgeliefert werden.



    Fazit: 26 Euro für eine Alpha-Version sind zu viel, gar keine Frage. Mit wie viel Euro die Vollversion dann zu Buche schlagen wird, wird sich zeigen, sobald sie denn fertig ist. Denn ein Releasetermin steht noch immer aus. Wem das und die vollkommen unspektakuläre Optik des Spiels nichts ausmacht, der wird mit einem kurzweiligen und motivierenden Aufbau-Highlight belohnt, das fesselt und die Hirnzellen beschäftigt. Außerdem wird mit dem Knast ein Szenario bedient, das in der Spielebranche unterrepräsentiert ist und noch nicht würdig umgesetzt wurde. Introversion muss hier und dort noch nachbessern, dem ansich komplexen Spiel noch ein wenig mehr Komplexität bei der Inneneinrichtung zukommen und sich in Sachen Endgame etwas einfallen lassen. Dann ist das Potenzial für einen ausgewachsenen Indie-Knüller da.

    Teaser Trailer:




    Den Early Access zu Prison Architect erhaltet ihr u.a. bei Steam.



    Testsystem: intelCore i5 - 8GB Ram - GTX560 ->Folgt uns auf Twitter<- ->Besucht uns auf Facebook<-

    Kommentare 4 Kommentare
    1. Avatar von waraeger
      waraeger -
      habs schon länger im Auge gehabt und habs mir jetzt geholt ;-) heut Abend mal anspielen.
    1. Avatar von Ogg
      Ogg -
      Hatte es mir damals auch als Alpha auf Steam geholt, ist glaube schon eine neue Version draussen, zu der kann ich aber nix sagen.

      Wie dem auch sei, fand es recht alles selber zu planen und dann zu basteln, gab aber eine Menge Negativpunkte.
      Einer ist die schon angesprochene Langzeitmotivation. Es passiert einfach nix, mal abgesehen von paar kleinen Ausschreitungen. Paar Aussbruchsversuche (nicht nur wenn der Zaun ein Loch hat) wären nett. Hab ja extra die breiten Rohre weiter weg von den Zellen verlagt, damit da keiner durchkrabbelt, schien mir aber im Spiel dann auch egal zu sein.
      Ein weiterer Gefangenzulauf, hätte ich den nicht manuell gesteuert, hätte ich schon an Tag zwei alt ausgesehen. Es kommen soviele, dafür reicht das Geld für Zellen und Personal nicht, auch nicht mit den Staatsverträgen.
      Es machte auch kein Unterschied ob ich nun Kleinkriminelle oder Schwerverbrecher beherbergt habe, die Bezahlung ist die selbe, nur letztere machen viel mehr Ärger.

      Zu guter letzt, ich hatte viel zu wenig Kontrolle über den Gefängnisablauf selber.
      Ein paar Beispiele, beim ersten Knast hatte ich geplant die Gefangenen erstmal in die Gemeinschaftszelle zu stecken und von da in weiter in die eigentlichen Zellen zu leiten. Davor hatte ich auch eine kleine Kontrollstation geschalten, damit ich auch alle schön filzen kann. Damit ich auch alle einfach versorgen kann eine Küche in der Nähe gebaut.
      Das Problem war nun, hatte ich echte Zellen, wurden die Gefangenen denen sofort zugewiesen und der kürzete Weg dorthin führte durch Küche und Kantine, schön an meinem Kontrollposten vorbei.
      Bei den nächsten Versuchen halt die Küche weiter nach hinten gelegt, allerdings war der Weg der Köche zum Lagerhaus jetzt weiter. Dummerweise gibt es nur eine Anlieferungszone für Gegenstände und Gefangene.
      In späteren Gefängnissen wollte ich die Blöcke nach Gelegenheits und Berufsverbrechern aufteilen, ging aber wieder nicht, die sie wieder den kürzesten Weg zu den Räumen genommen haben. So hockten die ganzen schweren Jungs im Hof und im Fernsehraum der Heiratsschwindler rum, weil ich nicht bestimmen konnte das ein Gefangener aus Block B nicht in Block A darf.

      Wie gesagt, das AUfbauen selber ist nett, der Ablauf danach wird schnell langweilig.
    1. Avatar von Lafen
      Lafen -
      Vielleicht auch interessant: http://www.gamestar.de/spiele/papers...9,3027866.html
    1. Avatar von Ogg
      Ogg -
      hab mal die demo gepielt und war recht lustig.
      allerdings sind dann wieder ein paar sachen, die da recht komisch sind.
      später im spiel mußte man auch das personengewicht vergleichen, das fand ich etwas unpassnt für einen pass, da das ja nichts konstantes ist.

      auch das man nichts vertuschen konnte, jeder fehler wird sofort bemerkt, das machte keinen sinn das man da im grenzhäuschen sitzt, wenn hinter mir noch andre kontrollen kommen.
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